Anforderungsdokumentation
Die Anforderungsdokumentation ist ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitspakets (AP) 5 „Pilotierung und Evaluierung“. Ziel dieses AP ist es, die erfolgreiche Entwicklung der Anwendung GOAT 3.0 vor, während und nach dem Projektzeitraum sicherzustellen. Daher ist es zentrales Element dieses AP, bereits vor Beginn der eigentlichen Entwicklungsarbeit die von den Praxisanwendern gewünschten Funktionen der Anwendung zu erfassen, zu dokumentieren und in einer Anforderungsdokumentation für den weiteren Projektverlauf festzuhalten. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass zu jeder Zeit die Prinzipien der Co-Creation eingehalten werden. Co-Creation wird zunehmend häufiger als Methode eingesetzt und ist dadurch in vielen Anwendungsszenarien bereits gängige Praxisnorm 1).
1. Ergebnisse der Experteninterviews
Der Hauptteil der Anforderungserhebung fand in Experteninterviews mit insgesamt 16 ausgewählten Expert:innen aus den Bereichen Stadt-/Verkehrsplanung statt. Das Interview wurde nach gängiger Praxis anhand eines zuvor konzipierten Leifadens geführt 2). Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse aufgeführt.
Zentrale Ergebnisse
- Bestehende Anwendungen sind für die Mehrheit zu komplex & unintuitiv
- Interessant sind sowohl Basis- als auch Cutting Edge-Indikatoren
- Szenarien und Vergleiche werden oft nachgefragt
- Die Offenheit gegenüber experimentellen Methoden ist durchaus vorhanden
- Einfachheit & schnelle Einarbeitungszeit sind Kernanforderungen
- Die Anwendung sollte schnell optisch gut aufbereitete Ergebnisse liefern
- Schnittstellen für Input & Output sollten vorhanden sein und hohe Kompatibilität zu anderen Anwendungen aufweisen
Allgemeine Anforderungen
Wenn Sie bereits Planungssoftware genutzt haben, welche Schwächen hatte diese Ihrer Meinung nach?
Wo sehen Sie Hürden in der Praxisanwendung?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Software ist zu komplex hinsichtlich Vorwissen/Verständnis | ★★★ |
Software ist umständlich zu bedienen | ★★ |
Zeitmangel um neue (Spezial-)Software zu erlernen | ★★ |
Finanzierungsfragen (Software, Hardware, Personal) | ★★ |
Fehlende Lernbereitschaft | ★ |
Funktionsumfang ist unzureichend/nicht gut umgesetzt | ★ |
Keine | ★ |
Software kann nicht in bestehendes Ökosystem integriert werden | ★ |
Fehlende Multimodalität | ★ |
Einstellmöglichkeiten sind nicht gut erklärt | ★ |
Haben Sie bestimmte Ansprüche an Optik und Bedienbarkeit der Anwendung?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Einfach + intuitiv zu bedienen | ★★★ |
Leicht zugänglich, ohne große Schulung | ★★ |
Übersichtliche Darstellung der Ergebnisse | ★★ |
Tutorials + geführte Menünutzung | ★★ |
Schnelle Rechenzeiten | ★ |
Farbstandards einhalten | ★ |
Allgemeinverständliche Sprache | ★ |
Bedienung nach Windows-Standards | ★ |
Anforderungen an Indikatoren
Welche konkreten Indikatoren und Methoden sollte GOAT 3.0 beinhalten?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Raumwiderstände/Reisezeiten zur nächsten Einrichtung/Oberzentrum | ★★★ |
Erreichbarkeit von Schulen, Ärzten, Fachärzten | ★★★ |
ÖPNV Umsteigehäufigkeit/Bedienfrequenz | ★★ |
Vorher/Nachher-Vergleiche (Wirkungen beurteilen) | ★★ |
Reisekosten | ★★ |
Sichere Querungsstellen | ★★ |
Einwohner/Beschäftigte | ★ |
Zustand/Breite etc. von Wegen | ★ |
Abstellmöglichkeiten für Fahrräder | ★ |
Verschiedene Tageszeiten betrachten | ★ |
Nachhaltigkeitsaspekte | ★ |
Barrierefreiheit | ★ |
Grünversorgung, Erreichbarkeit und Zustand von Grünflächen | ★ |
Sitzbänke im öffentlichen Raum | ★ |
Sicherheitsaspekte von Wegen | ★ |
Ist Ihnen die Berechnung von Planungsszenarien wichtig? Oder hat die Darstellung des Ist-Zustandes Priorität für sie?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Beides gleich wichtig | ★★★ |
Ist-Zustand prioritär | ★★ |
Szenarien nur in sehr einfacher Form | ★ |
Unwichtig | ★ |
Best/Worst Case Abbildungen | ★ |
Welchen Stellenwert haben Prognosen und Schätzungen im Vergleich zu amtlichen Daten für Sie, auch im Hinblick auf entscheidungsrelevante Akteure gesehen?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Offenheit hat zugenommen / ist vorhanden | ★★★ |
Wenn aktuelle amtliche Daten vorliegen, sollten diese verwendet werden | ★★ |
Wichtig: Korrektheit, dann ist die Quelle fast egal | ★ |
Beschreibung von Quellen/Methoden sollte vorhanden sein | ★ |
Anforderungen an Daten
Welche Anforderungen haben Sie an die Aktualität und räumliche Auflösung der genutzten Daten?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Daten müssen sehr aktuell sein | ★★★ |
Auflösung muss nicht sehr hoch sein, dem räumlichen Bezug angemessen | ★★★ |
Genaue und jährliche Einwohnerzahlen | ★ |
Hexagongröße aktuell ausreichend (ca. 100m) | ★ |
Skalierbarkeit muss gegeben sein | ★ |
Problematiken müssen sofort kenntlich sein | ★ |
Historie wäre interessant | ★ |
Technische Anforderungen
Welche Schnittstellen/Datenformate hinsichtlich Input/Output sollen unterstützt werden?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Shape | ★★★ |
Fertige Karten, Diagramme als PDF/PNG | ★★★ |
Excel, CSV | ★★ |
Ansichten im Tool selbst speichern & abrufen | ★★ |
GeoJSON | ★ |
GeoPackage | ★ |
XML optional | ★ |
GTFS | ★ |
XPlanung | ★ |
OGC-Services | ★ |
Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung eigener Dateien (z.B. Stadtteilgrenzen)?
Antwort | Relevanz |
---|---|
Relevant, als Shape z.B. | ★★★ |
Möglichkeit zur Anbindung an bestehende Systeme wichtig | ★ |
Eher unwichtig | ★ |
XPlanung | ★ |
2. Ergebnisse der Bürger:innenbefragung
Die Befragung von Bürger:innen zur Wahrnehmung von Erreichbarkeit und Raumqualität fand in zwei Teilen statt: einer Onlinebefragung und einer Vor-Ort-Befragung. Das Ziel der Onlinebefragung war eine größere (deutschlandweite) Zielgruppe zu erreichen, während bei der Vor-Ort-Befragung Bewohner:innen überwiegend aus einem Stadtteil (Milbertshofen) befragt wurden.
Onlinebefragung
Für die Onlinebefragung wurde ein ausführlicher Fragebogen ausgearbeitet, der dann über die verschiedenen Social Media Kanäle der Konsortialpartner verbreitet wurde. Insgesamt war die Befragung 4 Monat online (von März bis Juni 2022) und es konnten insgesamt 420 vollständige Antworten erfasst werden. Bei der Befragung wurde auch der Wohnort abgefragt, um die Ergebnise georeferenziert auswerten zu können.
Vor-Ort-Befragung
Die Onlineumfrage wurde dann in einer verkürzten Version für die Vor-Ort-Befragung verwendet. Hier wurden Personen auf der Straße befragt. Insgesamt konnten 82 vollständige Antworten gesammelt werden. Abgefragt wurden allgemeine Informationen wie Alter, Beschäftigungsverhältnis oder ob eine eingeschränkte Mobilität vorliegt. Danach ging es um unterschiedlicher Ziele des alltäglichen Lebens:
- Schule/Ausbildungsort/Arbeitsort
- Kinderbetreuung
- Lebensmitteleinkauf
- Arzt/Behördenbesuch
- Sportstätte/Kulturstätte/Bildungseinrichtung
- Erholungsgebiet/Park
Bezüglich dieser Ziele wurde abgefragt, wie gut diese Ziele in der subjektiven Wahrnehmung erreicht werden können, mit welchen Verkehrsmitteln diese Ziele in der Regel erreicht werden, wie lange der Weg zu den unterschiedlichen Zielen ist und wie lange der Weg zu den Zielen in einem idealen Wohnumfeld maximal sein sollte. Zudem ging es in der Befragung um die Wahrnehmung der bestehenden Raumqualität bezogen auf die unterschiedlichen Verkehrsmittel (Fußwege, Fahrradwege, Busverbindungen, Schienennahverkehr, Bike-Sharing, CarSharing). Am Ende konnten noch Verbesserungswünsche aus einer Liste von Infrastrukturen ausgewählt werden.
Das Alter der befragten Personen verteilt sich wie folgt auf die verschiedenen Altersgruppen:
Die Teilnehmenden der Umfrage wurden auch zu ihrem Beschäftigungsverhältnis befragt. Hier ergab sich folgende Verteilung:
Bei der Frage, ob eine eingeschränkte Mobilität vorliegt, hat der Großteil der Teilnehmenden verneint:
Die Erreichbarkeit verschiedener Ziele wurde vorwiegend als „gut“ oder sogar „sehr gut“ bewertet. Vor allem bei den Themen „Lebensmitteleinkauf“ und „Erholungsgebiet, Park“.
Zu den meistgenutzten Verkehrsmitteln wurden je nach Ziel sehr unterschiedliche Angaben gemacht:
- Schule/Ausbildungsort/Arbeitsort: ÖPNV gefolgt von Fahrrad
- Kinderbetreuung: zu Fuß gefolgt von Fahrrad
- Lebensmitteleinkauf: zu Fuß (deutliche Mehrheit)
- Arzt/Behördenbesuch: ÖPNV gefolgt von zu Fuß
- Sportstätte/Kulturstätte/Bildungseinrichtung: ÖPNV gefolgt von zu Fuß
- Erholungsgebiet/Park: zu Fuß (deutliche Mehrheit)
Die Dauer, die Menschen zu ihrem Ziel brauchen, ist sehr unterschiedlich. Heraus sticht, dass der Lebensmitteleinkauf, die Kinderbetreuung und Erholungsgebiet/Park fast ausschließlich in „bis zu 15 min“ erreichbar sind. Bei allen anderen Zielen waren die Antworten von „bis zu 15 min“ bis „länger als 60 min“ sehr durchmischt.
Die bestehende Raumqualität wurde als durchschnittlich recht gut eingestuft. Bei der Frage zum idealen Wohnumfeld war der Wunsch nach der Erreichbarkeit der meisten Ziele unter 15 min deutlich herauszulesen.
Bei der Frage zu Verbesserungswünschen wurden Fahrradwege am häufigsten genannt.